Balkon bepflanzen für die Bienen
Das Bienensterben ist in aller Munde und hier in Wien werden an allen Ecken und Enden Maßnahmen gesetzt. In vielen Parks gibt es neuerdings Naturwiesen. Blühende Grünflächen, die nicht gemäht werden und auf denen sich unterschiedliche Insekten bewegen. Umwelt und Umweltschutz ist eine Verpflichtung, die wir alle haben. Schließlich haben wir nur einen einzigen Planeten und sind alle gefordert, etwas für ihn zu tun. Hat man einen Balkon, dann kann man dort auch etwas für die Insekten anbieten. Balkon bepflanzen für die Bienen ist ein kleiner Beitrag zu einer großen Aufgabe. Allerdings gibt es nicht den einen, den großen Hebel, mit dem man alles wieder ins Gleichgewicht rückt. Es liegt an uns allen, mit kleinen Gesten und Aktionen, die Welt ein Stück besser zu machen.
Erschreckende Zahlen
Sieht man sich Dokumentationen rund um das Problem des Insektensterbens an, dann läuft es einem kalt den Rücken hinunter. Forscher haben seit etwas mehr als 25 Jahren Aufzeichnungen über die Menge der Insekten. Dabei gehen sie nach einem sehr einfachen Schema vor. Eine definierte Zeitspanne über wird eine Insektenfalle installiert. Ist die Zeit vorbei, wird die Beute, also die Masse der gefangenen Insekten, gewogen. Später wird dann noch ausgewertet, welche Arten ins Netz gegangen sind. Was jeder, der in den letzen Jahrzehnten immer wieder über Autobahnen gefahren ist, an der eigenen Windschutzscheibe schon feststellen konnte, belegen diese Messungen mehr als eindrucksvoll. In den letzten 27 Jahren sind 75% der Insekten verschwunden. Fing man früher also 100 Insekten, so sind es heute nur noch 25. Auch wenn man auf die lästigen Plagegeister gut verzichten kann, sind die stechenden Insekten nicht die einzigen, deren Anzahl dramatisch sinkt.
Dominoeffekt
Jeder kennt Dominosteine, die hintereinander aufgestellt werden. Stößt man den ersten Stein an, so fallen alle Steine nacheinander. Der Dominoeffekt hat aber noch einen Aspekt, der beim Vergleich mit dem Insektensterben auch sehr gut passt. Ein Dominostein speichert Energie. Seine stabilste Lage ist dann erreicht, wenn er flach auf dem Boden liegt. Die Energie, die man braucht, um ihn aufzurichten, wird wieder frei, wenn er kippt. Der Dominostein kann aber nicht nur einen neuen Stein umwerfen, der genauso groß ist, wie er selbst. Der nächste Stein kan etwa ein Drittel größer und schwerer sein. Trotzdem fällt er. Ein kleiner, wenige Zentimeter großer Dominostein kann also einen etwas größeren problemlos umwerfen. Reiht man immer größer werdende Steine aneinander, dann multipliziert sch dieser Effekt unerwartet schnell. Der 33. Stein wäre bereits 1 Kilometer hoch. Trotzdem reicht der winzige erste Stein, den man sanft anschubst, um ihn umzuwerfen. Unglaublich, aber wahr. Bei den Insekten ist es ganz genauso. Die Insekten sind dieser winzige erste Dominostein.
Nahrungskette
Es gibt sehr viele Tiere, die von Insekten Leben. Nicht nur, dass sie Pflanzen bestäuben und damit die Grundlage für die Ernährung der meisten Tiere schaffen. Sie werden auch direkt gefressen. Vögel, Reptilien und Amphibien ernähren sich von Insekten. Der kalte Schauer am Rücken verstärkt sich, wenn man hört, oder liest, dass auch die Vögel bereits aussterben. Die Population mancher Arten sind um mehr als 80 Prozent zurückgegangen! Auch Vögel spielen in unserem Ökosystem eine wichtige Rolle. Sie verteilen Samen, die sie gefressen haben und sind wiederum Beute für größere Vögel und andere Tiere. Die Dominosteine scheinen also bereits zu fallen. Höchste Zeit, einzulenken, umzudenken und etwas zu tun.
Neue Wohnung
Siedelt man in eine neue Wohnung, hat dort einen Balkon, oder hat sogar das Glück einen kleinen Garten zu besitzen, dann kann man aktiv etwas für die Insekten tun. Ist das Umzugsunternehmen fertig und hat man sich eingelebt, geht es an die Bepflanzung des Balkons. Will man tatsächlich etwas für die Bienen tun, dann müssen die Blüten danach ausgewählt werden, wie nahrhaft sie für die Bienen sind. Viele der klassischen Balkonblumen sehen zwar hübsch aus und duften auch ganz toll, bieten aber wenig Nektar und Pollen. Die Bienen verschwenden an diesen Pflanzen nur Energie. Die einfachste und auch auch sehr hübsche Variante ist eine ganz einfache Wildblumenmischung. Es gibt solche, auf Insekten abgestimmte Wildblumenmischungen fertig zu kaufen.
Nistplätze
Allerdings darf man nicht vergessen, dass es sich nicht um ein Bienensterben handelt, sondern alle Insekten sterben. Die Honigbienen sind fast so etwas, wie Nutztiere. Sie werden gezüchtet und gegen Krankheiten behandelt und von den Imkern nach allen Regeln der Kunst gehegt und gepflegt. Andere Insekten genießen diesen Service nicht. Sie müssen in der Natur, zwischen Klimawandel und Glyphosat überleben und suchen in unseren kultivierten Gärten nach Nistplätzen. Erd- und Wildbienen kann man auf dem Balkon ebenfalls einen Lebensraum bieten. Sie leben in sandigen Böden und bauen ihren Behausung direkt in den Boden. Bietet man einen solchen sandigen Boden, also beispielsweise einen mit Sand und Erde gefüllten, kaum bepflanzten Balkonkasten an, dann besteht die Chance, dass Wildbienen einziehen.
Küchenkräuter
Den Balkon für Bienen zu bepflanzen bedeutet aber nicht, nur an die kleinen Insekten zu denken. Auch Küchenkräuter sind ideal für Insekten. Es spricht also nichts dagegen, die klassischen Kräuter ebenfalls auf dem Balkon zu kultivieren. So unterstützt man nicht nur die Insekten, sondern hat auch immer frische Kräuter zur Hand. Allerdings sieht auch eine Wildblumenwiese vor dem Fenster natürlich toll aus. Auch wenn es nicht nur die Bienen sind, die die kleinen Blumenwiesen besuchen, ist es ein kleiner, aber wichtiger Beitrag. Viel mehr sind es die anderen Insekten, die Lebensraum benötigen. Einen noch aktiveren Beitrag kann man damit leisten, dass man auf dem Balkon Bienen züchtet.
Bienen auf dem Balkon halten
Es ist nicht verboten, Bienen auf dem Balkon zu halten. Die Haltung der Bienen ist in Wien im Gesetz über die Haltung und die Zucht von Bienen geregelt. Dort ist festgelegt, welchen Abstand ein Bienenstock von anderen Wohneinheiten, Liegewiesen und Straßen haben muss. Die Halten auf dem Balkon ist grundsätzlich aber kein Problem. Allerdings ist die Imkerei nichts für Laien. Die Bienen brauchen die richtige Pflege und auch wenn es nicht notwendig ist, jeden Tag den Bienenstock zu kontrollieren, muss man doch auf die verschiedenen Entwicklungen reagieren. Bevor man sich für die Bienenhaltung entscheidet ist der erste Weg ein Imkerkurs. Im Donaupark ist das Büro des Landesverbands für Bienenzucht in Wien. Dort werden auch regelmäßig Kurse angeboten, in denen man den richtigen Umgang und die notwendigen Handgriffe rund um die Bienenzucht erlernen kann.
Beitrag leisten
Jeder noch so kleine Beitrag ist wertvoll. Würde jeder Wiener nur einen einzigen Blumenkasten mit Wildblumen auf den Balkon hängen, dann wären das 270.000 Quadratmeter, bzw. 27 Hektar. Eine riesige Fläche, die die bestehenden, ohnehin großzügigen Grünflächen in Wien ergänzen würde. Bienen haben in Wien gute Karten und finden ausreichend Nahrung und Lebensraum. Das Stadtimkern wird immer beliebter und viele Wienerinnen und Wiener halten sich auf dem Balkon einen Bienenstock. Mit fundierter Ausbildung und mit Rücksichtnahme auf die gesetzlichen Vorgaben, ist das eine tolle Möglichkeit die Stadt ein wenig grüner zu machen und dem Rückgang der Insekten entgegenzuwirken.